Und Du so? Och ja, hatte ein paar Termine in Berlin, aber nur das Übliche: eine Besprechung im Auswärtigen Amt, Empfang im Landesparlament, Klönschnack im Bundestag, Sitzung im Bundesrat, Mittag in der Landesvertretung…
Blindes Datum
Zum Glück war der Herr kein äußerer Rechter, der da im Bett zu meiner Linken lag; und auch kein selbstgefälliger Linker, der immer Recht hat.
Er gehörte zu denen, die jedem zugestehen, zu sein was – und zu leben wie – er will. Ein Streiter für Rechtsstaat und Selbstbestimmung, ein Freund des sowohl-als-auch und Fan einer Politik für Leute, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Also nichts für Vogelschiss-Versicherte*.
Unsere Begegnung war ein Blind Date unter frei-laufenden Demokraten, und wir lernten uns direkt im Schlafzimmer kennen. Reisen ist Abenteuer.
*Hallo Iseree 🙂
Das Abenteuer
Wir waren Teil einer Politik-Reisegruppe. Diese Tour fand auf Einladung der jüngsten Bundestags-Abgeordneten Deutschlands, Gyde Jensen, statt.
Solche Fahrten können MdB (Mitglieder des Bundestages) anregen und durchführen. Bei diesem Bildungsurlaub werden spannende Einblicke hinter die Kulissen der Politik gewährt, man trifft Abgeordnete, Referenten und Mitarbeiter; und darf sie mit Fragen bombardieren.
In unserem Falle war es die sehr sympathische und bodenständige Gyde, die uns das Du anbot, sobald sie mit Turnschuhen und Baby im Tragegurt, den Raum betrat. Die Dreißigjährige berichtete vom Parlament und ihrem Vorsitz des Ausschusses für Menschenrechte.
Wie erfrischend, dass Herz und Verstand keine entweder-oder Entscheidungen sein müssen. Bleibt zu hoffen, dass mehr junge Persönlichkeiten wie sie in die erste Reihe der Politik gelangen.
Blumendiplomatie
Besonders beeindruckend bei dieser Reise war die Anekdote eines langjährigen Mitarbeiters im Außenministerium:
So wurde die Frau eines ermordeten Präsidenten dereinst in Berlin mit einem Blumenstrauß in ihren Landesfarben empfangen! So banal es scheint, das sei im Protokoll nicht vorgesehen. Nur Ehefrauen lebender(!) Staatsoberhäupter würden derart begrüßt. Mit diesem Wink wurde dem ebenfalls angereisten Neu-Präsident «durch die Blume» mitgeteilt, man schätze die Politik des Vorgängers sehr und wolle diese fortführen. Der Staatschef wich seinerseits von diplomatischen Gepflogenheiten ab, indem er die Witwe seines Vorgängers überhaupt mitbrachte. Politik ohne Geschwätz – wie sympatisch!
Diplomatie ist Kunst und Politik ein Mysterium. Übrigens, warum ist das Auswärtige Amt eigentlich das einzige Ministerium, das «Amt» heißt…?
Volles Programm
Drei Tage Vollgas, alles inklusive. Ein Bus-Unternehmen sammelte uns am Hauptbahnhof ein und chauffierte uns zu allen Tagesordnungspunkten:
- Eine Stadtrundfahrt, orientiert an politischen Punkten
- Auswärtiges Amt
- Gedenkstätte Deutscher Widerstand
- Denkmal der ermordeten Juden Europas
- Bundestag (Reichstagsgebäude)
- Abgeordnetenhaus von Berlin (Landesparlament)
- Bundesrat
- Dokumentationszentrum Topografie des Terrors
- Landesvertretung Schleswig Holstein
- Gedenkstätte Berliner Mauer
- East Side Gallery
Zug, Hotel, Vollpension. Alles finanziert vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung. Nur einmal mussten wir selbst zahlen. Es waren stolze 3,50€ für eine der Gedenkstätten…
Liebe Gyde, liebe Theresa, vielen Herzlichen Dank, es war einfach klasse!
2019, Oliver Schömburg (Olliwaa)