Burger-Essen in Tibet

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Burger-Essen in Tibet

Bei der zur Zeit vorherrschenden Affenhitze in Deutschland ist mir nach Erfrischung zumute. Warum nicht also über eine zurückliegende Reise in das kühle Tibet berichten.


Von Shanghai aus flogen meine Frau Yan und ich 2010 über Chongqing nach Tibet.

Wir hatten eine Rundtour mit Fahrer und Reiseleiter gebucht. Beides waren fröhliche, liebenswerte Tibeter, die uns am Lhasa Airport in Empfang nahmen und einige Tage lang ihre Heimat näher brachten.

Statt vieler Einzelheiten mögen das Video und die Fotos für sich sprechen. Folgendes ist dennoch erwähnenswert:

Höhenkrankheit

Unser größter Fehler bestand darin, direkt von Meereshöhe aus per Jet auf 4000 Meter zu reisen. An den ersten vier Tagen nach der Ankunft waren Kopfschmerzen und ein Gefühl von Atemnot meine Begleiter. Besonders Nachts war an Schlaf nicht zu denken. Wegen des Sauerstoffmangels musste ich ständig tief Luft holen und hatte latente Erstickungsängste.

War das noch nicht verrückt genug, so sind wir bereits am nächsten Morgen nochmals eintausend Meter höher zum Namtso Lake gefahren. Die Migräne war die Hölle; und das in diesem betörend schönen Paradies.

Später, am Mt. Everest Basecamp, hatten wir kleinere Sauerstoff-Flaschen dabei, die wir jedoch nach der Eingewöhnungszeit nicht mehr benötigten.

Sollten wir je wieder nach «XiZang» (西藏, sprich «Schi-Zang») reisen, beispielsweise um es unserem Sohn zu zeigen, dann mit Bedacht.

Burger-Essen in Tibet

Mit unserem Toyota sind wir über Stock und Stein gezuckelt, haben an illegalen und versteckten Tankstellen getankt und auch sonst so manches Abenteuer erlebt, wunderbare Menschen und eine reichhaltige Kultur kennenlernen dürfen.

Eine Herausforderung war allerdings das Essen. Ich hatte Schwierigkeiten, mich mit dem sehr salzigen oder auch saueren Gemüse anzufreunden. Man möge mir die Arroganz verzeihen, aber es war teilweise grauenhaft. Yak-Butter Tee! Darum konnten wir irgendwann der Sünde nicht mehr widerstehen, einmal in einem Schnellrestaurant in Lhasa, Burger mit Pommes zu essen. Ob es sich hier um KFC oder ein McDonald’s Imitat handelte, erinnere ich nicht mehr. Aber es tat so gut!

Kulturelle Planierraupe

Wer über Tibet spricht, kommt an Politik nicht vorbei. Ich verkneife mir jedoch, etwas über das schwierige Thema, China versus Tibet, zu sagen.

Nur soviel: im gesamten Kernland vollzieht sich gerade eine ungeheure Veränderung und ein riesiges Dilemma tut sich auf. Durch steigende Finanzkraft werden immer mehr Menschen dieses Riesenreichs in die Lage versetzt, in die Welt hinaus zu ziehen und sie anzusehen. Da es sich hierbei um unvorstellbare Dimensionen handelt, also Millionen von neuen Wohlstands-Bürgern, gibt es in China keinen sanften Tourismus. Alles ist hier groß und brachial.

Einerseits, wer sollte es den Leuten verdenken, dass sie nach Jahrzehnten sozialistischen Mangels nun in Würde leben und reisen wollen. Andererseits wird durch die schieren Massen fast alles platt gemacht, was die Schönheit der bereisten Orte einst ausmachte. Tibet ist da leider keine Ausnahme.

Alte Häuser weichen Souvenir-Shops und seelenlosen Shopping Tempeln. Hotels, neue Flughäfen, Reisebus-Parkplätze entstehen. Wie die TAZ schreibt, besuchen inzwischen über 12 Millionen Touristen jährlich den Potala Palast. Tendenz steigend.

Im Westen versteckt

Die chinesischen Schriftzeichen für Tibet lauten ‹Westen› und ‹Verstecken›. Wenn also selbst in einem ehemals unzugänglichen, verborgenen Bergparadies bekannte Fastfood-Ketten und Mode-Labels ihre Filialen aufmachen, und sich auch sonst alles immer mehr dem Rest der Welt angleicht, ist der entfesselte, alle Unterschiede vernichtende Kapitalismus dann nicht Feind, sondern Erfüllungsgehilfe des Kommunismus?

Viele Grüße

Olliwaa

P.s.: siehe auch «Unterwegs auf der Achse des Bösen«

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