Ob in Nachrichten, sozialen Netzen oder im Kindergarten meines Sohnes: überall das Thema Rassismus. Doch könnte es sein, dass er erst zu einem Problem wird, weil man sich mit nichts anderem mehr beschäftigt? Oder hat Antirassismus vielleicht sogar eine ganz andere Funktion?
Den Teufel an die Wand malen, so lautet eine alte Redewendung. Es ist eine pessimistische Erwartungshaltung, die das Schlimmste befürchten lässt und es so erst heraufbeschwört. Eine sich selbst erfüllende Prophezeiung.
Für die Irrungen und Wirrungen unserer Zeit gibt es sicher keine monokausale Ursache. Dennoch möchte ich den Fokus auf einige Beobachtungen richten, die nichts Gutes verheißen, sollten sie auch nur teilweise richtig sein.
Kraft und Gegenkraft – Hass und Gegenhass
Gerade wurde berichtet, die AfD im Osten Deutschlands läge erstmals vor der CDU. Erstaunlich, dass dies nur wenige Tage nach den Ausschreitungen von Chemnitz gemeldet wird, wo doch mit der Aktion #wirsindmehr besonders intensiv gegen Rassismus vorgegangen wurde. Überhaupt wird überall im Lande schon seit Jahren mit großem Eifer der ‹Kampf gegen Rechts› geführt. Offenbar nicht nur mit keinem Erfolg, sondern mit dem Resultat, dass sich der Dämon linken und rechten Hasses immer mehr Raum nimmt.
In der Physik gibt es das dritte Newtonsche Gesetz ‹Kraft gleich Gegenkraft›. Um es salopp zu formulieren: wenn ich mit einer beliebigen Kraft F gegen die Wand drücke, drückt die Wand mit der selben Kraft F, nur in umgekehrter Richtung, gegen mich zurück. Klingt irre, ist aber so. Übertragen auf die Straße dürfte das bedeuten:
Je stärker die Kraft des ‹Anti-Rassismus›, desto stärker die Gegenkraft des ‹Rassismus› – und umgekehrt. Es ist zu befürchten, dass sich ein Wettrüsten linker und rechter Verunglimpfung anbahnt, das zu einem ausgewachsenen Flächenbrand werden könnte.
Rassismus ist mit nichts zu rechtfertigen, Fremdenhass ein Krebsgeschwür.
Doch wer glaubt, Links stünde dagegen automatisch synonym für edel und gut, der möge einen Blick in die Lyrik moralischer Instanzen wie «Feine Sahne Fischfilet» werfen. Diese Band spielte auf dem Chemnitzer #wirsindmehr Konzert gegen rechten Hass. Hier ein Auszug aus dem Titel Wut:
Helme warten auf Kommando
Knüppel schlagen Köpfe ein
Wasser peitscht sie durch die Straßen
Niemand muss Bulle sein!Und der Hass – Der steigt!
Und unsere Wut – Sie treibt!
Unsere Herzen brennen,
unsere Herzen brennen[..]
Ich mach mich warm weil der Dunkelheitseinbruch sich nähert
Die nächste Bullenwache ist nur einen Steinwurf entfernt
In einem anderen Werk Staatsgewalt heißt es unverblümt:
Die Bullenhelme, die sollen fliegen
Eure Knüppel kriegt ihr in die Fresse rein!
Flugabwehr gegen unangenehme Wahrheiten
Eine weitere Beobachtung ist ein Muster, das ich als Metapher wie folgt beschreiben würde:
Antirassismus als Boden-Luft Rakete gegen unangenehme Wahrheiten.
Diese Waffe kommt stets dann zum Einsatz, wenn am Horizont eine unschöne Realität auftaucht, welche das schöne Bild vom bunten Deutschland bedroht. Bevor man gezwungen ist, sich mit ihr schmerzlich auseinander zu setzen, wird sie abgeschossen. Allerdings mit einem unschönen Detail: sie ist nicht wirklich zerstört, sondern steigt wie Phönix aus der Asche wieder auf und fliegt rechten Gruppierungen als neue Munition direkt in den Schoß.
Dazu drei Beispiele:
1. Die Messer-Morde von Chemnitz und Kandel
Immer häufiger ist zu lesen, dass orientalische oder afrikanische Zuwanderer zum Messer greifen und Deutsche töten. Auch wenn dies nur eine geringe Minderheit tut, es ist eine bittere Tatsache.
Der Reflex bei derartigen Taten ist dann stets, das Antifa, Gewerkschaften, Kirchen, Medien, NGOs und linke Parteien zu Demos und Lichterketten gegen Rechts aufrufen. Gebetsmühlenartig wird wiederholt, man dürfe nicht pauschalisieren, Deutschland bleibe bunt und #wirsindmehr.
Im Falle Chemnitz geschah dies mit einer solchen Lautstärke, dass der Mord durch ‹Geflüchtete› vollkommen verdrängt wurde. Das alles beherrschende Thema war Rassismus. Zuvor, beim Messermord in Kandel, das gleiche Muster.
Eine ehrliche Auseinandersetzung mit diesem schwierigen und schmerzlichen Thema wird durch die Reduktion auf Rassismus unterminiert, eine Lösungsfindung unmöglich gemacht.
2. Mesut Özil posiert mit Erdogan
Ein Fußball-Spieler der Nationalmannschaft, Vorbild für Groß und Klein, sowie Botschafter Deutschlands, posiert mit einem islamistischen Diktator, der jeden Widersacher aus dem Verkehr zieht und die Todesstrafe wieder einführen will. Als Özil sich berechtigter Kritik ausgesetzt sieht, dreht er beleidigt den Spieß um und inszeniert sich als armes Opfer von Rassismus. Völlig geblendet von dieser Nebelgranate springen viele Medien auf den Zug auf und es gibt ab jetzt nur noch ein Thema: Rassismus.
Dass sich viele der in Deutschland lebenden Türken bei ihrer Präsidentenwahl für den Despoten entschieden haben, ist eine sehr beunruhigende Realität. Allein, wen kümmert’s, wenn im Lande Rassismus zu bekämpfen ist…
3. Aufnahmestopp für Ausländer bei der Essener Tafel
Nachdem besonders aggressiv auftretende Migranten aus der Levante einheimische Kunden der Essener Tafel eingeschüchtert hatten, entschieden die Betreiber, vorerst keine Ausländer mehr aufzunehmen. Wir ahnen es, es dauerte nicht lange bis die Anti-Rassismus Rakete gezündet wurde. So sagte zum Beispiel Bundessozial-Ministerin Barley: «Eine Gruppe pauschal auszuschließen, passt nicht zu den Grundwerten einer solidarischen Gesellschaft. Das fördert Vorurteile und Ausgrenzung.» (Quelle: tagesschau.de). In das gleiche Horn blies auch Kanzlerin Merkel, was nur zu verständlich ist, hätte sie sonst eingestehen müssen, dass ihre Politik möglicherweise mitverantwortlich ist an Verteilungskämpfen am untersten Ende der Gesellschaft. Auch wäre der öffentliche Disput eine Chance gewesen darüber nachzudenken, warum in einem der reichsten Länder der Erde überhaupt Tafeln existieren und ob es nicht Wege gäbe, sie abzuschaffen.
Die heile Welt wurde schnell wieder hergestellt, als bekannt wurde, die Tafel nehme nun doch wieder Ausländer auf. Der ursprüngliche Auslöser der Debatte wurde nicht weiter diskutiert.
Verdrängung
Die oben beschriebene Raketenabwehr ist auch unter dem schlichten Namen Verdrängung bekannt. «Als Verdrängung wird in der Psychoanalyse ein angenommener psychologischer Abwehrmechanismus bezeichnet, durch den tabuierte oder bedrohliche Sachverhalte oder Vorstellungen von der bewussten Wahrnehmung ausgeschlossen würden.» (Quelle: Wikipedia)
Verdrängung ist ein Geschenk der Natur, das traumatische Erlebnisse vergessen lässt. Der selbe Mechanismus kann jedoch auch dazu beitragen, offensichtliche Symptome so sehr zu verleugnen, dass keine Therapie möglich ist und die zugrunde liegende Krankheit immer bösartiger wird, bis irgendwann nichts mehr geht.
Was das für Deutschland bedeutet, dokumentiert der Aufstieg der AfD.
Achtsamkeit
In unübersichtlichen Zeiten ist besondere Wachsamkeit geboten. Man sollte sich fragen, wer hier was für seine politische Agenda ausschlachtet. Und ja, nicht nur die unsägliche AfD nutzt jede Straftat durch Ausländer für Stimmenfang. Auch Linke profitieren davon! Je tiefer der vermeintliche Nazi-Sumpf, desto heller leuchtet man selbst auf der Seite der Guten. Wer mit dem Finger auf andere zeigt, muss sich selber nicht fragen, ob er evtl. nicht auch falsch liegen könnte. Schmerzhaft, wenn man erkennen müsste, dass eine unreflektierte Willkommenskultur ebenso dämlich ist wie Fremdenfeindlichkeit. Schlimmer noch, durch Projektion werden anderen Menschen zuweilen genau die Dinge an den Kopf geschmissen, die bei einem selbst das größte Problem darstellen. Selbstverständlich gilt das nur für Andere und nie für einen selbst…
Es sollten so langsam die Alarmglocken schrillen, wenn einerseits rechte Parteien immer mehr Zulauf bekommen, je härter man sie bekämpft und wenn andererseits ein Teil der Jugend offenbar nichts besseres mehr mit sich anzufangen weiß, als bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf die Straße zu rennen, um dort wütend rumzubrüllen. Ob ‹Nazis raus!› oder ‹Ausländer raus!›, seelisch gesunde und charakterlich halbwegs gefestigte Menschen haben andere Hobbys!
Die Mutter aller Probleme
Es liegt mir fern, rechten Hass zu verharmlosen oder durch Verweis auf linken Zorn zu relativieren. Ich mache mir Sorgen um die Zukunft meines Sohnes und kämpfe dafür, dass er nicht in einem Land leben muss, das durch die kruden Weltbilder von Extremisten geprägt ist.
Was mir mittlerweile wirklich Angst macht, ist die Deutsche Politik. Dass unsere Gesellschaft bis auf die Knochen gespalten ist, kann nur übersehen, wer taub, stumm und blind ist. Und doch unternimmt die Regierung unter Merkel nichts, um dem entgegenzuwirken. Politiker ersten Ranges kippen stattdessen fleißig Öl ins Feuer, indem sie Haltung gegen die bösen Anderen fordern, oder Protestierenden ‹Hass im Herzen› attestieren, anstatt endlich zu überlegen, wie die Gesellschaft zu befrieden sei. Es wird hier vermutlich der selbe Abwehrmechanismus greifen, der unangenehme Wahrheiten unterdrückt. Allein es hilft nichts, unter dem Teppich ist nicht unendlich viel Platz und man wird immer häufiger darüber stolpern.
Das wirklich Satanische bei alldem ist jedoch ein ganz anderes Phänomen aus der Psychologie:
Geschwister, die unter schlechten Eltern leiden, tun sich nicht zusammen, um gemeinsam gegen diese zu rebellieren. Sie gehen sich gegenseitig an die Gurgel!
Viele Grüße
Oliver Schömburg (Olliwaa)